
Warum ist es nachts dunkel?
Etwa so wie in diesem Bild müsste der Nachthimmel aussehen, dachte sich Heinrich Wilhelm Olbers – eigentlich fast noch heller. Dass der Himmel über unseren Köpfen nachts allerdings relativ dunkel ist, hat mehrere erstaunliche Gründe …
(Aufnahme des Kugelsternhaufens Terzan 4: ESA/Hubble & NASA, R. Cohen)
Am Tag ist es hell, in der Nacht ist es dunkel – von der zunehmenden Lichtverschmutzung einmal abgesehen. Im Laufe der Evolution haben sich sämtliche Organismen auf den Tag-Nacht-Rhythmus eingestellt, sodass wir die Verdunkelung nach Sonnenuntergang als selbstverständlich hinnehmen. Doch warum es dunkel wird, fragen sich die wenigsten. Dabei gibt es auf diese einfache Frage faszinierende Antworten …
Der erste Grund ist natürlich offensichtlich: Aufgrund der Erddrehung beleuchtet die Sonne im Laufe eines Tages immer nur eine Erdhälfte - Tag und Nacht wechseln sich somit ab. Allerdings gibt es viele Gründe, weshalb es nachts nicht dunkel sein sollte – Abermilliarden Gründe sogar. Schließlich ist die Erde im Großen und Ganzen nichts Besonderes und befindet sich in einem Universum, das voller leuchtender Sterne ist. Blicken wir in den Himmel, müssten wir also theoretisch an jedem Punkt einen Stern sehen, der den Nachthimmel beleuchtet. Die Nacht müsste damit – so die naheliegende Folgerung – taghell sein.
Diese Überlegung wurde erstmals im 19. Jahrhundert vom Astronomen Heinrich Olbers formuliert und wird deshalb auch Olberssches Paradoxon genannt. Seine Gedanken gehen auf den Wissensstand der damaligen Zeit zurück, in der die Prozesse im Inneren von Sternen nicht bekannt waren. Heute wissen wir allerdings, dass Sterne in ihren Kernen Licht und Energie durch Fusionsprozesse erzeugen. Das dazu nötige Material ist jedoch nicht endlos vorhanden, sodass die Lebensdauer eines Sterns begrenzt ist. Die erste Lösung des Olbersschen Paradoxons lautet somit, dass der Nachthimmel nicht hell sein kann, weil Sterne nur begrenzt lang leuchten.
Dennoch muss ein weiterer Punkt in Betracht gezogen werden: Die Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts gingen noch davon aus, dass das Universum unendlich alt sei. Wie wir heute wissen, hat es jedoch ein sehr begrenztes Alter – 13,8 Milliarden Jahre. Weiterhin ist inzwischen bekannt, dass sich der Raum, in dem sich Galaxien, Sterne und Planeten befinden, wächst: Das Universum expandiert.
Da sich Licht jedoch mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet und somit begrenzt schnell ist, kann uns durchaus ein Teil des Lichts einfach noch nicht erreicht haben. Zudem fällt das Licht, das wir aber bereits sehen könnten, der Expansion zum Opfer: Sie führt dazu, dass die Energie weit entfernter Leuchtquellen abgeschwächt wird. So wird das Licht eines Sterns im optischen Bereich durch die Expansion zu längeren Wellenlängen hin verschoben. Aus optischer, sichtbarer Strahlung wird also beispielsweise Wärmestrahlung, die wir nicht sehen können. Dieser Effekt wird Rotverschiebung genannt. Übrigens: Die Wellen des „Lichts“ des Urknalls wurden so in die Länge gezogen, dass sie jetzt als Mikrowellenstrahlung messbar sind.
Die Dunkelheit der Nacht ist also nicht allein mit dem Fehlen der Sonne am Himmel zu erklären. Dennoch macht das Olberssche Paradoxon eines ganz besonders deutlich: Je mehr wir wissen, desto mehr verstehen wir unseren Platz im großen Ganzen und erlangen Einsichten, die uns ohne den Fortschritt der Forschung verborgen blieben.

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